Der Anlass

Der unten stehende Kommentar*, der im Mai 2016 bei CelleHeute erschienen war (bzw. ein zweites nachträglich gepostetes Exemplar), ist seit dem 25.07. der neuen Grafik bei CelleHeute ‚zum Opfer gefallen‘.

*(Am 18.08.2016 ist der Kommentar, der im Mai 2016 bei CelleHeute erschienen war, unter http://celle-heute.de/fluechtlinge-in-hambuehren-celler-forum-kritisiert-landrat-wiswe-nach-buergerversammlung-scharf/ noch zu lesen.)

Zu der Sache möchte ich einmal ausführlicher Stellung nehmen:

Ich selbst ‚profitiere‘ von der ‚Flüchtlingskrise‘, da sie mir neue Verdienstmöglichkeiten beschert hat. Weil diese Jobs nur durch staatliche Gelder möglich wurden und es – wie bei ‚Bildungs‘-Programmen meistens – ziemlich ungewiss ist, ob sich die Investitionen einmal auszahlen, habe ich kein ungetrübtes Gewissen dabei.

Vorausgesetzt wird zurzeit fast immer, dass es um Hilfen für geflüchtete Menschen geht. Die ‚Flüchtlingskrise‘ wird – wenn überhaupt über Ursachen nachgedacht wird – so dargestellt, als handele es sich um eine Folge politischer und sozialer Veränderungen, die sich v.a. im Nahen Osten und in Nordafrika abgespielt hätten:

– der ‚Arabische Frühling‘ und die Gegenwehr Assads in Syrien

– politisch unstabile Verhältnisse, herbeigeführt dadurch, dass der Sturz von Machthabern ‚Machtvakuen‘ geschaffen habe und nun ‚Stellvertreterkriege‘ geführt würden

Dass man seine Heimat nicht grundlos verlässt, steht außer Frage. Eine Frage ist, inwiefern politische und soziale Veränderungen die jüngeren Migrationsbewegungen erklären. Zu den Faktoren, die Migrieren begünstigen, gehören auch:

– Verkehrsmittel und Verkehrswege

– Geld

– Kommunikationsmittel, z.B. Mobiltelefone

– Botschaften, die als verlockend verstanden werden

Sicher haben Mobiltelefone die Verständigung Migrierender untereinander erleichtert und sprachliche Hilfen geschaffen. Und sie haben dazu beigetragen, Botschaften zu verbreiten, die verlockend sind – egal, ob diese Botschaften von Politikern, von Journalisten oder von ‚Schleppern‘ verbreitet wurden. Im Großen und Ganzen ist Migrieren einfacher geworden. Und nur vor dem Hintergrund zu erwartender Hindernisse bzw. Möglichkeiten sind Gründe Migrationsgründe. Aber wann kann man sie mit Recht als ‚Fluchtgründe‘ bezeichnen? Mit dem Wort „Flucht“ ist eher der Begriff „Zwang“ verbunden als mit dem Wort „Migration“ (vgl. https://www.tagesschau.de/inland/fluechtlinge-531.html ). Aus Sicht der Migrierenden ist ihr Handeln selbstverständlich meistens rational. Und es ist wohl ein ‚gesundes‘ Verhalten, dahin zu gehen, wo es besser zu sein verspricht. Aber wie WIR dieses Handeln beschreiben, sollte nicht nur davon abhängen, wie rational es für die Handelnden ist. Recht klar ist, dass viele offenkundige Fälle bloßer Migration, die schwerlich als Flucht zu bezeichnen sind, pauschal als Flucht bezeichnet werden. Ein Beispiel dafür ist ein Beitrag der ARD (http://www.tagesschau.de/ausland/rueckkehr-irak-101.html?ref=yfp)*, in dem ein junger Mann der Arbeitslosigkeit wegen den Irak verlässt und enttäuscht von Deutschland in den Irak zurückkehrt. Der Film zeigt, wie zu Hause Essen aufgetischt wird und der junge Mann beklagt, dass Deutschland nicht hält, was es versprochen habe. Ich habe Migranten sagen hören, dass sie in Deutschland ein neues Leben beginnen wollen – auch wenn in der Heimat ein Leben ohne Krieg je nach Gegend durchaus möglich sei. Andere äußerten den Wunsch, an Sozialversicherungen als Arbeitende und Einzahlende teilzuhaben. Eine Verbindung von Korruption, mangelndem Rechtsstaat und mangelnder sozialer Absicherung spielt eine große Rolle. Dass Umsiedlungen Armer in reiche Länder die Probleme längerfristig eher verschärfen, ist allerdings keine neue Erkenntnis (vgl. http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/ab-einer-gewissen-zahl-von-migranten-bricht-jedes-asylwesen-zusammen/story/23432728 ). Für mich ist dabei übrigens auch auffällig, wie selbst nächste Angehörige, z.B. Ehefrauen und Kinder, in der Heimat zurückgelassen werden. Eine Flucht im althergebrachten Sinne sieht anders aus. Nachdem die gesamte Familie meiner Großeltern ihre Häuser verlassen hatte, ist sie nicht etwa deshalb für kurze Zeit – als ungebetene Gäste der neuen Bewohner – in die alten Häuser zurückgekehrt, weil es ihr am Zielort nicht besser gefiel, sondern weil die Brücken über die Oder gesprengt waren. Kritik an pauschaler ‚Willkommenskultur‘ gilt als verdächtig. Das „Celler Forum gegen Gewalt und Rechtsextremismus“ nimmt gewisse Aussagen zum Anlass, dem Landrat Wiswe vorzuwerfen, im Detail Unbelegtes zu unterstellen. Man kann viele Aspekte einzelner Migrationen nicht belegen. Korrekt sind die öffentlichen Darstellungen aber meistens ohnehin nicht. Umso wichtiger erscheint es mir, mit Migranten ins Gespräch zu kommen. Dafür eignen sich die beliebten Events gemeinsamen Kochens, Musizierens, Tanzens, … meines Erachtens auf Dauer nicht. In dem Anspruch, Handeln zu verstehen, Ursachen zu erkennen und zu argumentieren, dürfen wir nicht nachlassen – und nicht warten, bis wir jeweils Arabisch gelernt haben. Hierbei werden einem verständlicherweise Steine in den Weg gelegt. Jedenfalls liegt es nahe, dass nicht jeder von einer ehrlichen Darstellung profitiert. Daher halte ich ein gewisses Misstrauen für angebracht. Aus Sicht des so gen. „Celler Forums gegen Gewalt und Rechtsextremismus“ ist eine solche Haltung vielleicht schon verdächtig. Ich habe natürlich sehr viele Migranten kennen gelernt, die mir – vom Charakter her – in Deutschland sehr willkommen sind. Aber das ist einfach nicht ‚der Punkt‘, jedenfalls nicht der einzige.

(Der frühere Link: http://celleheute.de/fluechtlinge-in-hambuehren-celler-forum-kritisiert-landrat-wiswe-nach-buergerversammlung-scharf/

 

*jetzt hier: youtube.com/watch?v=VNKNgoKep5A

 

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