Man muss endlich beginnen, ganz ‚unseriös‘ auf die Absurditäten hinzuweisen, die sich praktisch (und theoretisch) aus gängigen Ideen der ‚Denkmalpflege‘ ergeben. Dass man etwas wertschätzt, rechtfertigt längst noch nicht, dass man es erhalten will. Und was bedeutet jeweils „erhalten“? Woran erinnern die mehr oder weniger rekonstruierten ‚Ikonen‘ der Architekturgeschichte, von denen man sich nicht trennen mag?
Touristen zeigt man gern Mumien. Vgl. (mit Balkonattrappe):
https://bauhaus.celle-tourismus.de/bauhaus-architektur-in-celle/direktorenvilla
An den Argumentationsmängeln der ‚Denkmalpflege‘ ändert der öffentlich gut verkäufliche kunsthistorische Aufwand, mit dem sie betrieben wird, nichts. Man liebt zwar Geschichte/n. Aber auch wenn es beispielsweise erwiesen ist, dass das alte Rathaus einmal mit Illusionsmalerei versehen war, rechtfertigt das überhaupt nicht, diese Malerei heute zu rekonstruieren. Für eine Begründung eignet sich nicht Geschichte, sondern ist Logik erforderlich.
Die ambitionierten Zielvorgaben des sparsamen Bauens wurden baukünstlerisch in die Formen des „Neuen Bauens“ gebracht, über die Haesler allerdings kein Wort verlor: „Zur Architektur, zur Ästhetik meiner Bauten habe ich nichts Besonderes hinzuzufügen“, um dann zu behaupten: „Auch für mich ergab sich die Form stets aus dem Inhalt“ (Haesler 1957, S. XVII). Der damit angesprochene Architektur-Funktionalismus der Zeit um 1930 zeigte sich in einer international verbreiteten Formensprache der Weißen Moderne, die auch das Blumläger Feld prägt: Haeslers Wohnzeilen zeichnen sich durch eine Reduktion der Formen und einfach-kubische Baukörper mit Flachdächern ohne Überstand aus. […]
Die aus Berlin in Aussicht gestellte Summe übersteigt den Zuschussetat der gesamten niedersächsischen Landesdenkmalpflege 2018 um das über Fünf(!)fache. Sie ist Ausdruck einer hohen Wertschätzung des Haesler-Erbes und unterstreicht die enorme denkmalpflegerischen Verantwortung in dieser Stadt.
https://denkmalatlas.niedersachsen.de/viewer/objekte/blumlaeger-feld/
Weder ergibt sich die ‚Formensprache‘ der weißen Moderne aus einem ‚Inhalt‘ (das entspricht nur einem Selbstverständnis damaliger Architekten, das man historisch einordnen muss) noch erfordert Wertschätzung Erhaltung (was ohnehin aus der Sicht vieler Rekonstruktion bedeutet). Man möchte nicht wirklich begründen.
Nachtrag 21.7.21:
Besonders laut setzt sich in Celle die SPD für ‚Denkmäler‘ Haeslers ein:
https://spd-fraktion-celle.de/meldungen/einmalige-haesler-siedlungen-muessen-erhalten-bleiben
Die Motivation dürfte in einer längeren Entwicklung von einer Arbeiterpartei zur Hinwendung zu symbolpolitischen Anliegen zu suchen sein:
https://www.bpb.de/apuz/29745/symbolische-politik-essay
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